Schweickhardt Franz Xaver Joseph,
fälschlich Reichsritter von Sickingen,
Topograph, Historiker und Schriftsteller.

Geboren Wien, 5. 7. 1794;
Gestorben Reindorf, NÖ (Wien), 16. 5. 1858.

Sohn von Josef Anton Schweickhardt (1749-1824) aus Konstanz, in Wien als Baum-wollschlager und bei der „Einlös-Schain-Fabrikation“ tätig, und von Maria Anna, geborene Lewitsch (1760-1837). Besuchte nach Absolvierung des Gymnasiums die Abteilung Architektur an der Akademie der bildenden Künste, studierte Mathematik und beendete privat sein philosophisches Studium, 1814-1818 Militärdienst; beim Abschied zeigten sich aufgrund finanzieller Unregelmäßigkeiten erstmals seine das gesamte Leben andauernden prekären Vermögensumstände, die aus der Tatsache resultierten, daß er von seiner schriftstellerischen Tätigkeit leben mußte. Schweick-hardt entging 1835/36 nur knapp dem Arrest, nachdem er ab 1829 insistierend ver-sucht hatte, eine adelige Abstammung nachzuweisen. Geldnöte trieben Schweick-hardt teils in Konkurse und zogen auch wegen Veruntreuung schwere Kerkerhaft nach sich, teils vereitelten sie den Abschluß seiner Publikationen; so existieren unter anderem zur Topographie Ungarns lediglich Vorerhebungen und von 160 Sektionen der „Perspectiv-Karte des Erzherzogthumes Oesterreich unter der Ens ...“ (1830-46) sind nur 63 in Stahlstich erschienen, ausgeführt weniger wissenschaftlich exakt, top-ographisch aber in minutiöser Vogelschaumanier mit eigenen Texten Anregungen für seine literarisch-topographischen Untersuchungen (1830-48) erhielt Schweickhardt auf Reisen durch die österreichischen Kronländer, durch Deutschland und Rußland. Die „Darstellung des Erzherzogthumes Oesterreich unter der Ens ...“ (1831-41) in 37 Bänden hatte Friedrich W. Weiskerns Topographie als Vorbild, wurde nach Autopsie Schweickhardts bis ins kleinste Detail „topographisch-statistisch-genealogisch-histor-isch“ erhoben und nach den vier Vierteln NÖ geordnet; versehen mit Abbildungen, Werken von Künstlern und Kupferstechern seiner Zeit und Schweickhardt selbst, stellt sie eine außerordentliche Leistung eines einzelnen dar. Zeitgenössische Kritik ausgesetzt, ist das Werk angesichts verschollener Dokumente auch heute eine wicht-ige Quelle. Eher veraltet, gleichfalls mit zeitgenössischen Abbildungen versehen und teils in Schweickhardts Schriftenreihe „Oesterreichisches Museum“ erschienen, sind seine Beschreibungen von Wien in drei Abteilungen (1832), von Wr. Neustadt nach dem verheerenden Brand von 1834 in zwei Teilen, von Alt-Retz und Neu-Retz als Sonderdruck seiner Darstellung des Marchfeldes und den Herzogtümern Salzburg (1839, nur erster Band) und Steiermark (1839). Schweickhardt verfaßte 1833 eine Lebensbeschreibung der Regentenfolge in 4 Bänden von Karl dem Großen bis Kaiser Ferdinand I. (1833-38). Beseelt von konservativem Patriotismus, gab Schweickhardt 1848 dreimal wöchentlich die politisch-literarische Zeitschrift „Die oesterreichische Biene“, wöchentlich die humoristisch-satirische „Der Stadttrompeter“ und bis 1849 täglich „Die Ameise“ heraus und war 1849 Redakteur der „(Illustrierten) Zeitschrift für Stadt und Land“ sowie 1850 des „Humoristisch-belletristischen Tagblatts“. Schweick-hardt betätigte sich auch als Maler, wahrscheinlich auch als Restaurator.


Biographie aus:
ÖBL 1815-1950, 55. Lieferung, 2001
Ausschnitt der colorierten Perspectivkarte von Niederösterreich
Schweickhardt von Sickingen